Zur Geschichte:

Die Katholische Kirchgemeinde Netstal

Text: Hans Speck

Bilder: Archiv Hans Speck

 

Grosse Kapelle und neue Kirche 1935
Grosse Kapelle und neue Kirche 1935

 

Die erste Kapelle

Drei Gotteshäuser prägen die Geschichte der Katholischen Kirchgemeinde in Netstal. Im Jahre 1420 wird erstmals urkundlich die kleine katholische Kapelle in Netstal erwähnt. Das kleine Gotteshaus stand damals vis-à-vis des Restaurants Raben bei der Kreuzung Landstrasse-Molliserstrasse, exakt dort, wo heute der Autoparkplatz ist. Alt Landammann Mathias Netstaler gehörte damals zu den reichsten Schweizern und liess diese Kapelle bauen. Sie wurde 1421 zu Ehren der Heiligen Drei Könige geweiht. Durch das stetige Wachstum der Gemeinde wurde das ohnehin kleine Gotteshaus mit der Zeit vollends zu klein. Übrigens stammt eine der ältesten datierten Glocken im Kanton Glarus aus dieser ersten Kapelle. Bis vor wenigen Jahren wurde diese Glocke von Hand jeweils bei der Wandlung geläutet. Auch hier hatte alt Landammann Mathias Netstaler seine Grosszügigkeit gezeigt.

 

 

Die Armenseelenglocke wurde im Jahr 1420 gegossen und hängt heute im Nordturm der Pfarrkirche. Sie ist eine der ältesten Glocken im Kanton Glarus. Die Inschrift der Glocke lautet:

 

 „kaspar* melchior* balthasar* do* man* zalt von* Gotz* Geburt mcccc* und xx iar.“

 

(Die ältesten Kirchenglocken im Kanton Glarus wurden im 13. Jahrhundert gegossen und hängen heute noch im Kirchturm von Matt.)

 Die zweite Kapelle

 

Im Februar 1704 begann der Bau einer neuen, grossen Kapelle. Architekt war der Einsiedler Mönch Bruder Kaspar Moosbrugger OSB. Am 10. Oktober 1708 wurde sie von Weihbischof Konrad Ferdinand von Konstanz feierlich zu Ehren der Heiligen Drei Könige eingeweiht. Später wurden Mittel und Wege gesucht, wie die Kollatur über die Kapelle (= Recht, eine geistliche Stelle zu besetzen) erlangt werden könnte, denn dieses Recht stand seit dem 15. Jahrhundert unter dem Patronat der Familie Tschudi-Gräplang und wurde über 300 Jahre lang in der Familie behalten, bis zum Übergang an die Gemeinde im Jahre 1777.

 

 

Gründung Katholische Kirchgemeinde Netstal

 

Der Brand von Glarus vom 10. auf den 11. Mai 1861 beschleunigte die längst erwünschte Loslösung aus der katholischen Kirchgemeinde Glarus. Per Dekret vom 8. Dezember 1875 hiess Bischof Nicolaus Florentini in Chur die Trennung zwischen Glarus und Netstal gut. Damit war die Erhebung der Kapelle zur Pfarrkirche vollzogen. Die katholische Kirchgemeinde Netstal war gegründet. Wieder war es der Platzmangel, der den Gedanken aufkommen liess, eine neue Kirche zu bauen. Im Jahre 1899 begann die Geldsammlung für das grosse Vorhaben.

 

 

Die Drei-Königs-Kirche

 

Am 7. August 1933 wurde der erste Spatenstich für die heutige Kirche getan und im Herbst gleichen Jahres der Grundstein zur neuen Kirche gelegt.

 

 

 Glockenweihe

 

Die vier neuen Glocken trafen am 18. Oktober 1934 in Netstal ein. Die Fuhrhalterei Felix Weber Söhne hatte von der Kirchenbau-Kommission den Auftrag erhalten, gleichentags die vier Glocken in der Glockengiesserei Hamm in Staad SG abzuholen. Am Sonntag, 21.Oktober um 9.45 Uhr fand die feierliche Glockenweihe statt. Vor der Kirchentreppe wurde eine mit Blumen geschmückte Tragkonstruktion installiert, auf der man die vier neuen Glocken aufhängte. Die Frühmesse begann an diesem Tag ausnahmsweise schon morgens um 6 Uhr. Der nachfolgende Jugendgottesdienst fand um 8 Uhr und der Hauptgottesdienst um 8.30 Uhr statt. Im Anschluss daran segnete Bischof Vinzens von Chur das neue Geläut ein. Für den musikalischen Background war der Kirchenchor zuständig. Am darauffolgenden Montag wurden die Glocken von der Netstaler Schuljugend in den auf der Nordseite stehenden Turm aufgezogen. Als Lohn erhielten alle Schüler ein Getränk inklusive Servela und Brot. Das fünfstimmige Geläut aus der Glocken-Giesserei F. Hamm in Staad bei Rorschach hängt im Nordturm und besteht aus den Glocken:

 

1. Die Christkönigsglocke (C) 2400 kg Inschrift: «O Christe Rex gloriae, veni cum pace»

 

2. Die Marienglocke (Es) 1350 kg Inschrift: «Ave Maria gratia plena»

 

3. Die Dreikönigsglocke (F) 950 kg Inschrift: «Et ambulant gentes in lumine tuo»

 

4. Die St. Fridolinsglocke (G) 600 kg Inschrift: «Sancte Fridoline et Sancte Hilari intercedite pro nobis»

 

5. Die Armenseelenglocke 300 kg Sie wurde von alt Landammann Mathias Netstaler gestiftet und war die grösste Glocke im Turm der alten Kapelle.

 

Die vier neuen Glocken werden per Lastwagen angeliefert.

Die Glocken stehen zur Weihe bereit. Im Hintergrund der Cäcilienchor der Katholischen Kirche Netstal.

Eine grosse Zuschauermenge versammelte sich auf dem Katholischen Kirchenplatz. Im Vordergrund Mitglieder des Katholischen Kirchenchors.

Der Churer Bischof Laurentius Matthias Vinzenz segnet die vier neuen Glocken feierlich ein. Zu erkennen ist Pater Raymund Stocker (mit Bart), der spätere Präfekt der Klosterschule Marienburg in Näfels.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine grosse Menschenmenge versammelte sich auf dem Platz vor dem Rathaus, um den Glockenaufzug mit den Schulkindern zu bewundern.

 

 

Kirchweihe

 

Nach anderthalbjähriger Bauzeit erfolgte am 24. Februar 1935 die Einweihung durch Bischof Dr. Laurentius Matthias Vinzenz von Chur. Um 7.30 Uhr begannen die Weihezeremonien. Nachdem die Bevölkerung Gelegenheit hatte, die neuen Kirchenräume zu besichtigen, begann um 10 Uhr ein feierliches Hochamt mit Bischof Vinzenz und Generalvikar Caminada. Nach einem Festessen im Hotel Schwert für geladene Gäste fand am Nachmittag eine Firmung in der neuen Kirche statt. Der Festtag endete mit einem Familienabend im Saale des Restaurants Harmonie. Die Festrede hielt Pfarrer Freuler aus Tuggen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dem festlichen Hochamt, zelebriert von Bischof Vinzenz, wohnten viele Gläubige beider Konfessionen bei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wenige Tage danach begannen die umfangreichen Abbrucharbeiten der alten Kapelle. Eine grosse Zuschauermenge verfolgte am Donnerstag, den 10. Mai 1935, wie der Turm mit starken Drahtseilen zu Fall gebracht wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Julius Speck konnte diesen epochalen Moment auf seiner Six-20 HAWKEYE-Kamera festhalten.