Dr Haaggemaa vum Choolgrüebli

 

Ä gfürchigi Saag uf Glarnertüütsch verzellt vum Hans Speck.

 

Choolgrüebli
Choolgrüebli

 

Text und Fotos: Hans Speck

 

Vorgeschichte:
Als kleiner Junge weilte ich oft mit meinem Freund und Schulkollegen Urs bei meinem Vetter Kaspar «Chäpp» Schmuckli, einem Bruder meiner Mutter. Eigentlich hätte ich ihn als Onkel Chäpp ansprechen müssen, aber für meinen Bruder Wisi, meine Schwester Käthi und mich war er stets der Vetter Chäpp. Stundenlang sassen mein Schulfreund und ich auf der mit grüner Farbe gestrichenen Sitzbank auf dem kleinen Vorplatz vor seinem Hause und schauten dem geschickten Holzscheiter- und Bürdeli-Macher bei seiner Arbeit fasziniert zu. Vetter Chäpp arbeitete hauptberuflich als Schichtmeister in der Oberen Papierfabrik. Das «Holzne» war seine Passion. Er nutzte jede freie Minute, um sein Beil auf die Holzklötze niedersausen zu lassen, um dann später in seiner eigens konstruierten Bürdelimaschine die schönsten «Bürdeli» von Netstal herzustellen. Das allein war aber nicht das Spannende vor dem Hause von «Vetter Chäpp». Hochinteressant wurde es, wenn er uns seine manchmal haarsträubenden, vielfach von ihm frei erfundenen Geschichten erzählte und uns dabei mit scheinheiligem Blick hinter seinen listigen Äuglein beobachtete. Seine Markenzeichen waren sein stets um den Hals getragenes, rotes Original-Glarnertüechli und seine abgetragene Schieber-Mütze, die er stets auf seinem Kopfe trug und vermutlich wohl auch noch in seinem Bett anhatte. Nebenbei besass der Bruder meiner Mutter und Vater des letzten, unvergessenen Netstaler Originals Kaspar «Chäpp» Schmuckli, eine riesige Sammlung alter Zeitschriften. Auf im wahrsten Sinne des Wortes brennendes Interesse stiessen bei meinem Freund Urs und bei mir die Zeitungen mit den Berichterstattungen aus dem 2. Weltkrieg, die stapelweise in Vetter Chäpps «Boge» (so nannten wir den vor dem eigentlichen Keller vorgelagerten Abstellraum) herumlagen. Für uns aber das Spannendste war, wenn der «Vetter Chäpp» uns seine Gruselgeschichten erzählte. Wie «d Schwii am Füü» haben wir ihm jeweils zugehört, wenn er vom «Haaggemaa» und vom «Böllimaa» erzählte. Eines dieser Schauermärchen möchte ich allen Leserinnen und Lesern in meinem «Glarnertüütsch» erzählen:

 

 

Dr Haaggemaa vum Choolgrüebli

 

Wänn ihr ämaal vum Staldegarte oberhalb vu Riedere ds Wäägli über d Wise i Richtig Löntschtobel spaziered, mönd ihr am Ändi vu dr Wise zerscht äs paar Meter abe i Richtig Löntschtobel laufe. Dä chänder dett uffene schmaali Brugg, wo ä huuffe Meter wiiter unde z Wasser vum Löntsch dur z Löntschtobel aberuuschet, dr Wääg uss dem dunggle Chessel use suecht und churz vor Riedere wider zum Vorschii chunnt. Ä prächtige Wääg für Wanderer und Spaziergänger, wo übere Löntsch uffe Wanderwääg uf dr andere Siitä vum Löntsch füert, und wome dä nachhär ufemne wunderschüüne Wanderwääg i üsers schüü Chlüntel laufe cha. Mä seit ä dem speggtaggulääre Übergang «z Choolgrüebli». Dett mönder dä uusinnig uf üüch uufpasse. Ä üüs hät dr Vetter Chäpp immer verzellt, dett unde inere Felsniische, vu obe abe chuum sichtbar, huusi ä Haaggemaa mit zwii Töchtere. Schu mängmal häg dr Haaggemaa gmeinsam mit sine zwii Töchtere Wanderer und Spaziergänger vu hinde phaggt und uf Nimmerwiderseen i z Tobel abezoge. Eine, wo dr Haaggemaa ämaal gsii hät, hät speeter gseit, der gsäch uus we dr baar Tüüfel! Er hät ne beschribe as grosse Maa mit emäne chrumme Buggel, mit grosse bluetunderloffne Auge, mit ere uuchrumme Nase und risige Händ we Schneeschuufle und treit häg de Gstalt ä tüüfschwarze Mantel mit silbrige Chnöpf, wo im Tunggle plinggt häged. Wänn si ires Gsicht zunere Fratze verzoge und z Muul uuf tue häg, häg mä we inä schwarzi Höhli inäglueget. Sini beede Töchtere Kunigunde und Amalia siged aber wunderschüü gsii mit blonde, länge Haar. De häged jewiile d Wanderer zerscht mit ihrem Lächle verzauberet und hypnotisiert. Äso häged de Lüüt vu de schreggliche Vorgäng um si umme gaar nüüt gmerggt.

Die Gesichter vom Haaggemaa und seinen Töchtern
Die Gesichter vom Haaggemaa und seinen Töchtern

Vu dene Wanderer und Spaziergänger häg me trotz intensivem Sueche mit dr Polizii gar nüüt meh gfunde. Aber wäme vu Riedere bim Resterant «Edelwyss» äm Wanderwääg naache i z Chlüntel lauft, gsiit me zwüsched Gebüsch und Fels bim Löntsch drüü Gsichter. Me seit, das siged d Geischter vum Haaggemaa und sine zwii Töchtere Kunigunde und Amalia.

 

Gfürchig, gälled!

 

 

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