Erlebnisse eines jungen Netstalers an den Globus-Krawallen in Zürich:

Eis uf d'Bire überchuu.

Von Hans Speck

 

Man schreibt den Samstag, 29. Juni 1968. Es ist mein 19. Geburtstag und Flower-Power-Zeit. Konzerte von Joe Cocker, Janis Choplin, den Beach Boys und Konsorte in Woodstock sind am Radio zu hören. Damals gab‘s noch keine Live-Übertragungen am Fernsehen. Die Devise bei uns Jungen lautete: „Make love not war“. Es war die Zeit des Umbruchs und der Proteste, Proteste gegen unsere Gesellschaft, die sich an uns Jungen bereicherte und für unsere Anliegen selten Gehör fand. Zumindest war das damals unsere Meinung. Wir fühlten uns ungerecht behandelt. Einziges probates Mittel, gegen diese Ungerechtigkeiten anzutreten, waren öffentliche Proteste und Streiks landauf, landab. Nach den Unruhen in Paris und Berlin kam es just an meinem 19. Geburtstags auch in Zürich zu schweren Zusammenstössen mit der Polizei, die das von Jugendlichen besetzte und als Jugendhaus eingeforderte Globus-Provisorium räumte. Bei der grössten Protestveranstaltung unter dem Namen „Globus-Krawalle“, war ich mit vier Schulkollegen der Kunstgewerbeschule Zürich live mit dabei. Es sollte vor allem für mich eine recht schmerzhafte Erfahrung werden. Doch alles der Reihe nach:

 

Harmloser Beginn… 

Es begann eigentlich ganz harmlos. Direkter Anlass für den Globuskrawall war eine angesagte Demonstration, die sich gegen den Entscheid des Zürcher Stadtrats richtete, das damals leer stehende provisorische Gebäude des GLOBUS beim Zürcher Hauptbahnhof nicht für ein autonomes Jugendzentrum zur Verfügung zu stellen, sondern anderweitig zu vermieten. Mit der Demonstration sollte der Stadtrat auf die Anliegen der Jugendlichen aufmerksam gemacht werden. Auf Flugblättern und Plakaten, die einige Tage vor der Demonstration vom Organisationskomitee verteilt, versandt und aufgehängt wurden, stand die Aufforderung, «Baumaterial, Holz, Latten, Stangen, Bretter, Nägel, Hämmer usw.» an die Demonstration vor dem Globus-Provisorium mitzunehmen.

 

… mit schmerzhaftem Ende

So traf ich mich abends um sechs Uhr mit vier Berufsschulkollegen der Setzerklasse 3a wie abgemacht im Zürcher Hauptbahnhof; unbewaffnet, harmlos aussehend und gespannt wartend der Dinge, die da auf uns zukommen sollten. Wir steuerten schnurstracks aus dem Hauptbahnhof in die Höhle des Löwen vor der Central-Brücke. Dort war schon einiges im Gange. Polizisten prügelten sich an vorderster Front mit einigen Chaoten, Wasserwerfer standen im Einsatz und der beissende Gestank von Tränengas löste eine allgemeine Panik aus. Demonstranten flüchteten in Richtung Walche-Brücke und zum Landesmuseum. Dort wurden sie nochmals in die Zange genommen. Unschuldige Passanten, welche den Bahnhofausgang beim Landesmuseum benutzen wollten, wurden grundlos von Polizisten mit Gummiknüppeln niedergeschlagen. Einen dieser Knüppel bekam dann auch ich in der Nähe der Tram-Haltestelle zu spüren. Ab sofort hatte ich genug von diesem, eigentlich als friedliche Demonstration angesagten Event. Mit brummendem Schädel verliess ich per Bahn den Ort des chaotischen Geschehens und kehrte unverrichteter Dinge in unseren kleinen, aber friedlichen Zigerschlitz zurück -  mit einer schmerzhaften Schwellung am Kopf als Geburtstagsgeschenk der Zürcher Polizei!  

 

 

zurück