Eisenerzgewinnung im Klöntal

Die Eisenschmelze in der See-Rüti

Von Hans Speck

 

Die Suche nach Eisenerz und die Ausbeutung der bescheidenen Vorkommen begann im Kanton Glarus in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf der Guppen-Alp oberhalb von Schwändi. Die Eisenerze in diesem felsigen Gebiet wurden entdeckt, als ein in der Nähe liegendes Silbervorkommen, das von 1524 – 1526 ausgebeutet wurde, erschöpft war. Eisen war damals ein begehrter Stoff. Mit diesem Metall konnte man Hellebarden, Spiesse und Schwerter selbst herstellen. Die Landsgemeinde 1527 beschloss, das Abbaurecht zur Erzausbeutung im ganzen Land Glarus für sich in Anspruch zu nehmen. Damit wurde privaten Grundbesitzern das Recht auf Ausbeutung von Erzvorkommen auf eigenem Grund und Boden entzogen und Glarner Landleute konnten beim Land Glarus um eine Abbaukonzessionen auf fremdem Boden nachsuchen. Im Jahre 1538 begann ein regelmässiger Abbau und es wurde eine "Gesellschaft zur Ausbeutung der Eisenerzvorkommen auf der Guppen-Alp" gegründet. Dies war vermutlich die erste Aktiengesellschaft im Kanton Glarus. Einige Jahre später erkannten die Betreiber, dass die Erzausbeute nicht den erhofften Gewinn brachte. Aus diesem Grund stellten im Jahre 1545 einige Gesellschafter das Ansuchen an die Landsgemeinde, dass das Land das Werk selbst in die Hand nehme oder aber den Teilhabern bewilligen soll, nicht im Lande wohnenden Interessierten Anteile davon zu verkaufen. In der Folge beschloss die Landsgemeinde, den Verkauf von Anteilen an nicht im Lande wohnhafte Käufer unter der Kontrolle von Landamman und Räten zu erlauben.

 

Erzabbau am Glärnisch

Nach der Aufgabe des Eisenerzabbaus auf Guppen glaubte man gegen Ende der 1560er Jahre an der fast senkrechten Glärnisch-Wand im Klöntal auf vielversprechende Roteisen-Erzschichten getroffen zu sein. Es folgte 1572 der Bau eines Bergwerks für der Abbau und die Schmelzung von Eisenerz. Das eigentliche Bergwerk befand sich oberhalb des sogenannten Tiefenwinkels am Klöntalersee. Das Erz wurde mit Hammer und Meissel nischenförmig ausgebrochen und über den am Ausfluss leicht gestauten See zum Pochwerk geflösst. Heute wissen nur noch wenige von diesem Bergwerk, obschon dieses eigentlich vom heutigen Wanderweg aus zu sehen ist. Durch das Laub der Bäume sind in Richtung «Bärentritt» in den steil aufragenden Felsen ein paar dunkle, nur schwer erkennbare Nischen wahrnehmbar. Die Abbaunische ist 20 Meter breit, 25m hoch und zirka 10 Meter tief

 

Das Hüttenwerk See-Rüti

Das Hüttenwerk See-Rüti befand sich vorne am Klöntalersee am Ausfluss des Löntsch, 200 Meter unterhalb des heutigen Staudammes, zwischen Strasse und Löntsch, bei einem gewaltigen Felsen, der «Schwellstein" genannt wird; Schwellstein, weil die Bergwerksleute denselben zum Stauen des Wassers benutzten. Gegenüber dem Felsen auf dem rechten Ufer des Löntsch befand sich das Pochwerk. Drei Schmelzöfen befanden sich am linken Löntsch-Ufer talabwärts vom Schwellenstein, in unmittelbarer Nähe der Strasse nach Seerüti unterhalb des Pochwerks. Der unterste Ofen befand sich rechts an der Strasse, zirka 50 m vom unteren Ende des sogenannten Eisen- oder Zwicky-Berges entfernt. Der zweite Ofen befand sich etwa 75 Meter oberhalb des ersten. Der dritte Ofen und wahrscheinlich Hauptofen befand sich unmittelbar vor dem Schwellstein. Der Seerütiberg, auch Rhodannenberg heisst nach den Urkunden "Rhodannen- und Hüttenberg". Dieser reichte bis in die Nähe des Schwellsteines. Am Hüttenberg befanden sich die weiteren Gebäude, welche zum Eisenwerk gehörten. Diese Unterkünfte waren wahrscheinlich in Holz gebaut, da heute keine Spuren mehr vorhanden sind.

 

1846 sah man nichts mehr von den Betriebsanlagen, sondern nur noch einen Haufen überwachsener Schlacken. Diese Eisen-Schlacken wurden für den damaligen Strassenbau wieder freigelegt und abgetragen, da das Trassee tiefer gelegt werden musste.

 

Hinter dem Schwellstein, zwischen dem Hüttenberg und dem Löntsch war ein grosser, ebener Platz, der heute noch den Namen "Kohlplatz" führt. Der Platz diente auch für die Ablagerung von Holz. Für die drei Schmelzöfen verwendete man Holzkohle, die an verschiedenen Orten im Klöntal auf sogenannten Kohlplätzen hergestellt wurde. Ein solcher Kohlplatz befand sich direkt oberhalb des Standortes der ehemaligen Schmelzöfen, auf dem alten Bergweg durch die Wiese oberhalb der heutigen Strasse. Dort befinden sich zwei ebene runde Flächen auf der Weide. Heute, im Jahr 2021, findet man noch Resten von Holzkohle, die vor über 400 Jahren hergestellt wurde. Nicht nur hier brannten die Meiler, es gab noch andere Köhlerplätze im Klöntal. Nicht alle hatten jedoch mit dem Hüttenwerk zu tun.

 

 

Quellenangabe:

Geschichte der Gemeinde Netstal

Glarner Heimatbuch 2008

Ueli Wenger, Hirzwangen 15 8925 Ebertswil