Chlünteler Gschpänschter erschregged Schlittler

Von Hans Speck

 

Das Klöntal ist seit jeher einer meiner Lieblingsorte, Kraftort und Oase für Erholung und Entspannung. Im Frühling geniesse ich das Erwachen der Natur, im Sommer erquickt mich ein erfrischendes Bad im glasklaren Wasser des Klöntalersees, im Herbst erfreue ich mich beim Pilzesuchen an der Vielfalt der stillen Soldaten des Waldes oder an der Farbenpalette des Herbstwaldes, beispielsweise bei einer Wanderung entlang des Klöntalersees vom Rhodannenberg bis ins Vorauen. Im Winter, wo vom November bis Februar des darauffolgenden Jahres kein Sonnenstrahl mehr die Landschaft des Klöntals erwärmt, standen während meiner Jugendzeit Schlittschuhfahren auf dem dickgefrorenen Klöntalersee oder Schlittenfahren auf der Klöntalerstrasse im Interesse meiner winterlichen Tätigkeiten. Definitiv an erster Stelle stand aber das «Schlittlä» auf einer von Fahrzeugen hart gepressten Schneedecke vom Rhodannenberg bis ans Endziel beim Hotel St. Fridolin in Netstal. Doch zurück zur eigentlichen Geschichte!

 

Es war ein klirrendkalter Winterabend irgendwann im Jahre 1961. Die äusseren Bedingungen für eine rassige Schlittenfahrt aus dem Klöntal waren geradezu optimal. Zudem leuchtete der Vollmond die ganze Strecke vom Rhodannenberg bis nach Netstal taghell aus.  Es war so hell, dass man problemlos eine Zeitung hätte lesen können. Währen der morgendlichen Schulpause hatten wir von der Klasse vereinbart, die Vollmondnacht für eine rassige Schlittenfahrt aus dem Klöntal zu nutzen. Einer meiner Schulkollegen nahm mich plötzlich zur Seite und fragte mich geheimnisvoll und flüsternd: «Machst du mit heute Abend?  «Schiess los», forderte ich meinen Schulkollegen auf, endlich sein Geheimnis preiszugeben. «Wir verlassen unseren vereinbarten Treffpunkt etwas früher als die anderen und bereiten unseren Schulkolleginnen und -kollegen eine Überraschung, die sie so schnell nicht vergessen werden. «Wie soll denn diese Überraschung aussehen?», fragte ich meinen Kollegen. «Wir beide verstecken uns auf der Büttenen Ebene hinter einem Strauch und warten exakt auf den Moment, wo unsere Kollegen an uns vorbeilaufen. Kurz zuvor vorher stülpen wir uns das aus Mutters Wäschekammer klammheimlich entwendete weisse Leintuch über unseren Kopf, und auf geht’s!» Damit war das Gespenster-Briefing zu Ende. Gespannt warteten wir bei Eiseskälte auf das Erscheinen unserer Schulfreunde. Das laute Gelächter und Geschwätz der Gruppe kündigte die baldige Ankunft auf der Büttenen Ebene an. Dann war’s soweit. Mit einem durch Mark und Bein gehenden, weit herum hörbaren «Huuh, Huuh, Huuh», sprangen zwei in weisse Leintücher gehüllte Gespenster hinter dem Gebüsch empor auf die Strasse. Im fahlen Licht des Vollmondes kam die Gespenster-Action noch besser zur Geltung. Mit lautem Gekreische spritzte die zu Tode erschrockene Gruppe auseinander, ihre Schlitten einfach zurücklassend. Auf einen kurzen, aber heftigen Moment folgte lautes Gelächter. Nachdem unser Coup hervorragend und ganz nach Plan gelungen war, war es an der Zeit, uns zu demaskieren. «Herrgott, händ ihr üüs erschreggt», erklärten uns unsere Opfer. «Mir ist mein Herz fast in die Hosen gefallen», erklärte Rita bleich wie der Tod. Nachdem sich alle vom Schrecken einigermassen erholt hatten, führte uns der weitere Weg, auf dem uns weder Gespenster noch «gfürchigi» Gestalten begegneten, weiter an unseren Zielort beim Restaurant Rhodannenberg, wo wir gemeinsam einen schrecklich gemütlichen Abend verbrachten.

 

 

 

 

zurück