Der Kreuzmarkt in Netstal ist gelebtes Brauchtum

Text und Fotos von Hans Speck

 

Meistens am dritten Donnerstag im September feiert die Netstaler Bevölkerung traditionell ihren Kreuzmarkt. Sie pflegt damit einen Jahrzehnte langen Brauch, dessen Ursprung, wenn man die nachfolgenden Zeilen liest, eigentlich in die Zeit von Kaiser Konstantin zurückführt. Dass der Kreuzmarkt und viele andere Bräuche weiterhin gefeiert werden, hat seine Berechtigung, denn es sind letztlich die Traditionen, welche unsere soziale Gemeinschaft festigen.

Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts  war der Kreuzmarkt ein Kleinviehmarkt auf dem Platz vor dem Grosshaus, exakt dort, wo heute das Postgebäude steht.
Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts war der Kreuzmarkt ein Kleinviehmarkt auf dem Platz vor dem Grosshaus, exakt dort, wo heute das Postgebäude steht.

 

Woher der Name Kreuzmarkt?

Der Kreuzmarkt oder "Chrüüzmärt“, wie die Netstaler ihren alten Brauch nennen, findet immer am Donnerstag nach dem Kirchenfest der heiligen Kreuzerhöhung statt. Das Fest der Kreuzerhöhung hat seinen Ursprung in der Zeit von Kaiser Konstantin. Dieser liess an der vermutlichen Stelle von Kreuzigung und der Grablegung Christi die Grabeskirche bauen, welche gemäss Überlieferung am 13. September im Jahre 335 eingeweiht wurde. In dieser Kirche sollen auch grosse Teile des Kreuzes Christi aufbewahrt worden sein. Im Jahre 614 erbeutete Chosran II., Parvis von Persien das Kreuz. Nach dem Sieg des byzantinischen Kaisers Herakleios über die Perser im Jahre 628 wurde das Kreuz im Jahre 630 wieder nach Jerusalem zurückgebracht. Schon bald nach Auffindung wurden die Kreuz-Reliquien in alle Welt verteilt. Die Bedeutendsten kamen nach Konstantinopel, Rom, Poitiers, Paris und Trier. Im 7. Jahrhundert wurde in Rom die Kreuzverehrung in die Karfreitags-Liturgie eingeführt. Ebenfalls seit dem 7. Jahrhundert wird in der Lateinischen Kirche am 14. September das Fest der Kreuzerhöhung gefeiert, in dem in den Kirchen, die über eine Kreuz-Reliquie verfügen, diese den Gläubigen in einer feierlichen Zeremonie zeigen.

 

 Vom Kleinviehmarkt zur Hüpfburg

Bis in die 50-iger Jahre fand auf dem Grosshausplatz, dort wo heute das Postgebäude steht, jedes Jahr ein Kleinviehmarkt statt. Von diesem ist aber nicht mehr viel übrig geblieben. Damals traf sich die Bauernsame aus dem ganzen Kanton und der Nachbarschaft mitten im Dorf zu einem Stelldichein, bei dem eifrig und lautstark gehandelt wurde. Das Angebot reichte von Rindern über Ziegen bis zu Hühnern, derweilen die zahlreich anwesenden Marktfahrer an ihren Ständen ihren Krimskrams anboten. Noch vor Jahren wurde im Beisein der Gemeindebehörde in einem der Netstaler Restaurants jeweils eine der Netstaler Alpen verpachtet. Abends traf sich die Bevölkerung zum obligaten "Chrüüzmärt-Tanz“ in einem der Restaurants. Der heutigen Zeit angepasst feiern die Netstaler ihren traditionellen Brauch heutzutage halt ein bisschen anders. Statt auf einer "Helleri“ vergnügen sich die Kinder auf einer Hüpfburg oder auf einem Mini-Autoskooter. Geblieben sind die Marktfahrer mit ihren Ständen. Und in der Mehrzweckhalle organisiert der örtliche Gemeinnützige Frauenverein die allseits beliebte "Kaffistubä“. Der Reinerlös ist jeweils für einen guten Zweck gedacht. Sogar der Gemeinderat der neuen Einheitsgemeinde Glarus hält dem traditionellen Gemspfefferessen die Treue und trifft sich jeweils in einem Restaurant mit ihren ehemaligen Netstaler Amtskollegen zum gemütlichen kulinarischen Stelldichein.

Die Netstaler Jugend vergnügt sich auf dem Autoscooter.
Die Netstaler Jugend vergnügt sich auf dem Autoscooter.

Zukunft des Kreuzmarkt gesichert?

Obwohl in der heutigen Zeit leider schon viele der treu gepflegten Bräuche verloren gegangen sind, halten die Netstaler standhaft an ihrem "Chrüüzmärt“ fest. Die Behörden aus Glarus haben hoch und heilig versprochen, auch weiterhin den Brauch des "Chrüüzmärt“ zu unterstützen und zu pflegen und die gegenseitigen Beziehungen, die über lange Zeit, dies zwar aus anderen Gründen, eher gestört waren, zu verbessern. In diesem Sinne: „Es lebe der Netschteler Chrüüzmärt“!